Bundestag stimmt für Bürgergeld-Reform- Union will Gesetz verhindern

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Union will Gesetz noch aufhalten: Bundestag stimmt für Bürgergeld-Reform

Für die Ampel ist es eine große Sozialreform, für die Union hingegen eine völlig falsche Vorgehensweise. Nach einer hitzigen Debatte hat der Bundestag das Bürgergeld beschlossen und mit der Mehrheit der Ampel-Koalition für die Einführung des Bürgergelds gestimmt. Es soll 2023 Hartz IV ablösen. Der Bundesrat muss der Reform noch zustimmen, während die Union angekündigt hat, das Gesetz in der Länderkammer aufhalten zu wollen. In einer Debatte im Bundestag hatte die Opposition die Ampel-Pläne scharf kritisiert.

„Bis heute verweigern Sie jede sachliche Debatte! Dabei hat die Ampel nicht nur Angst vor Argumenten, sondern auch vor unseren Fragen!“

CDU/CSU (@cducsubt) November 10, 2022

„Mit dieser Arroganz bringen Sie den Sozialstaat nicht nach vorne, mit dieser Arroganz werden Sie scheitern!“

, sagte Gröhe bei der Debatte.

„Das Bürgergeld hilft nicht denen, die arbeiten wollen, hilft nicht denen, die Leistung zeigen wollen. Das Bürgergeld unterstützt diejenigen, die nicht arbeiten wollen“

, sagte der stellvertretende AfD-Fraktionschef Norbert Kleinwächter.

„Das Bürgergeld ist nicht im Ansatz armutsfest.“

Dietmar Bartsch, Co-Fraktionschef der Linken

„Das Bürgergeld ist nicht im Ansatz armutsfest. Bürgergeld klingt und gut, aber real ist es eben keine Abkehr von Hartz IV, das System bleibt erhalten. In der Substanz ist es Hartz V.“

Co-Fraktionschef Dietmar Bartsch.

Die selbsternannte Fortschrittskoalition ist in der Realität Schnarch-Koalition und hat mit ihrer Bräsigkeit erst das unwürdige Schmierentheater der Union ermöglicht. Das Bürgergeld ist Hartz Fünf & bleibt Armut per Gesetz. Wir brauchen endlich eine armutsfeste Mindestsicherung.

Dietmar Bartsch (@DietmarBartsch) November 10, 2022

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil verteidigte den Plan und ist der Meinung, dass das Bürgergeld hilft, Menschen zu schützen, die in existenzielle Not geraten seien und diesen schneller und dauerhafter in Arbeit zu bringen, wie der SPD-Politiker am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“ sagte.

„Im bisherigen Hartz-IV-System ist es so, dass zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen, die keine abgeschlossene Berufsausbildung haben, mal in so einen Hilfsjob gebracht werden, aber das Jobcenter sieht die dann nach ein paar Monaten wieder. Das ist aktive Arbeitsmarktpolitik und ich will, dass das zum 1. Januar möglich ist.“

Das Bürgergeld ermögliche, dass Menschen einen Berufsabschluss nachholen könnten, um dauerhaft in Arbeit zu kommen. Die Ampel-Koalition habe dafür gesorgt, dass sich Arbeit weiterhin lohne – unter anderem durch die Erhöhung des Mindestlohns seit dem 1. Oktober, der nun bei 12 Euro pro Stunde liegt.

Das sind die Pläne der Ampel.

Regelsätze

Der heutige Hartz-IV-Regelsatz von 449 Euro für Alleinstehende soll auf 502 Euro angehoben werden. Dass es mindestens so viel sein muss, ist wegen der stark gestiegenen Lebenshaltungskosten unstrittig.

„Vertrauenszeit“ und „Karenzzeit“

Zwei der Schlagwörter im Bürgergeld-Gesetz. Man wolle niemanden unter Generalverdacht stellen, heißt es von der Ampel. Deshalb sollen Leistungen in den ersten sechs Monaten des Bürgergeldbezugs („Vertrauenszeit“) nur in Ausnahmefällen gekürzt werden, wenn jemand beharrlich mit dem Jobcenter nicht kooperiert.

Für die ersten beiden Jahre („Karenzzeit“) soll zudem niemand sein Vermögen antasten müssen, es sei denn, es ist „erheblich“ und liegt über 60 000 Euro, plus 30 000 Euro für jedes weitere Haushaltsmitglied. Auch ein Umzug in eine kleinere Wohnung soll in der Karenzzeit nicht nötig sein.

„Schonvermögen“

Auch nach zwei Jahren Bürgergeldbezug soll mehr Vermögen als bisher unangetastet bleiben. Das betrifft auch Anlagen zur Altersvorsorge oder Eigenheime bis 140 und Eigentumswohnungen bis 130 Quadratmetern.

„Es geht um die Frage, dass Leute, die sich im Leben etwas erarbeitet haben, wenn sie in Not geraten, nicht alles auf den Kopf hauen müssen.“

Hubertus Heil

Betroffene sollten „den Kopf frei haben sich zu qualifizieren und weiterzubilden, neue Arbeit zu suchen und sollen sich nicht rumschlagen müssen mit dem Aufbrauchen von Vermögenswerten oder dem Auszug aus der bisher bewohnten Wohnung“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert vor kurzem im Deutschlandfunk.

Weiterbildung

Zusätzlich zum Bürgergeld soll es 150 Euro Weiterbildungsgeld pro Monat geben, wenn jemand einen Berufsabschluss nachholt oder 75 Euro zusätzlich, wenn andere Weiterbildungsmaßnahmen angenommen werden. Den sogenannten Vermittlungsvorrang will die Ampel abschaffen.

Ziel soll es demnach künftig nicht mehr sein, Betroffene möglichst schnell in irgendeinen Job zu vermitteln, sondern durch Weiterbildung für eine dauerhafte Tätigkeit vorzubereiten. Hier wird auch mit dem Fachkräftemangel argumentiert.

Auf den Weiterbildungsteil im Gesetz legt vor allem die FDP in der Ampel wert, die mit einigen anderen Teilen des Bürgergelds auch ihre Bauchschmerzen hatte, wie die koalitionsinternen Beratungen im Sommer gezeigt hatten.